Plenarrede zum AfD-Antrag "Keine Zivilklauseln an den staatlichen Hochschulen!"

Sehr geehrter Herr Präsident!

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Professor Zerbin, ich habe nicht verstanden, was der letzte Teil Ihrer Rede mit dem Antrag zu tun hat, den Sie eingebracht haben. Ich glaube, das war wieder einmal der billige, aber völlig ungelungene Versuch, AfD-Politik zu rechtfertigen.

Um es vorwegzunehmen: Herr Professor Zerbin, Ihren Antrag braucht es nicht, auch wenn Sie das anders dargestellt haben. Wir haben es mit einem Antrag der AfD zu tun, der so durchsichtig wie unnötig ist. Es geht Ihnen wieder mal nur darum, irgendetwas zu rechtfertigen und billige Aufmerksamkeit zu erregen, aber keinen brauchbaren Inhalt zu liefern. Das erleben wir an dieser Stelle leider häufiger.

Der Antrag soll angeblich ein Problem lösen, das aus meiner Sicht in der Hochschullandschaft kein Problem ist. Mir ist zumindest nicht angezeigt worden, dass das hier ein Problem darstellt. Insofern verstehe ich den Antrag nicht.

Sie haben es gerade selbst erwähnt, Herr Professor Zerbin, und es steht auch in Ihrem Antrag:

„Mit der Novellierung des Hochschulgesetzes Nordrhein-Westfalen im Jahre 2019 wurde die gesetzlich normierte Zivilklausel im § 3 Absatz 6 aus dem Hochschulgesetz entfernt.“

Wo ist also Ihr Problem? Wir als CDU haben damals gemeinsam mit der FDP die Abschaffung der bis dahin verpflichtenden Zivilklausel an den Hochschulen beschlossen.

Damit haben wir die Hochschulen und die Hochschulfreiheit gestärkt. Die Universitäten und die Hochschulen können nun für sich selbst entscheiden, ob sie eine militärische Forschung zulassen möchten oder nicht. Darüber entscheiden dann die Hochschulgremien und die Akteure vor Ort, die am besten beurteilen können, mit wem sie an welchen Projekten und mit welcher Zielsetzung forschen, mit wem sie kooperieren möchten und wie sie damit ihre Innovationskraft sichern.

Nur dort kann auch beurteilt werden, ob die Forschungsprojekte ziviler oder militärischer Nutzung oder vielleicht sogar beidem dienen können. Oftmals entscheidet sich das aber wahrscheinlich erst, wenn der Transfer der Ergebnisse in die Wirtschaft erfolgt ist.

Eine verantwortungsbewusste Hochschulautonomie ist unser Verständnis von Freiheit in Forschung und Lehre. Das gilt im Übrigen auch für die Kooperation mit ausländischen Hochschulen.

Mit Ihrem Antrag blenden Sie im Übrigen völlig aus, dass die Zivilklauseln dort, wo sie bestehen, in ihrer Ausprägung und Definition von Hochschule zu Hochschule sehr wohl unterschiedlich sein und unterschiedliche Interpretationen beinhalten können. Wir als CDU wollen, dass die Hochschulen nicht reglementiert werden. Genauso wenig wollen wir die Innovationskraft beschränken oder eine technologische Entwicklung unterbinden, um international wettbewerbsfähig zu bleiben.

Wenn Sie einmal schauen, was in NRW bei diesem Thema gerade passiert, erkennen Sie, dass bei vielen Forschungsprojekten mit industriellen Rüstungsherstellern und Zulieferern, aber auch bei vielen geisteswissenschaftlichen Forschungsprojekten Kooperationen bestehen, die sich auch mit militärischen und vor allem sicherheitsrelevanten Themen beschäftigen. In Aachen wird zum Beispiel an der Entwicklung von Radartechnik und Informationsverarbeitung geforscht. Ein größeres Forschungsvorhaben im Bereich der Sicherheitsforschung gibt es an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, obwohl sie diese Hochschule in Ihrer Liste aufgeführt haben. Daran sehen Sie, wie unterschiedlich die Interpretation an dieser Stelle sein kann. An dieser Hochschule wird zu Mobiler Sensorik für Sprengstofferkennung geforscht.

Diese Beispiele verdeutlichen, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass NRW als Wirtschafts- und Industriestandort immer ein Standort für diese Produktion und vor allem für diese Forschungsprojekte im Bereich von Verteidigungs- und Sicherheitsforschung war. Uns zeigt das auch, wie wichtig es ist, dass die Hochschulen und die Forschungseinrichtungen selbstständig und mit einem sehr hohen Verantwortungsbewusstsein und viel Fingerspitzengefühl entscheiden können, wie, woran und mit wem sie forschen.

Die AfD startet in der Überschrift ihres Antrages sehr reißerisch als Tiger und landet im Forderungsteil leider mit dem Appell zur Sensibilisierung der Hochschulen als Bettvorleger. Deswegen brauchen wir den Antrag nicht.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.